Interview mit Shoji Nishio Sensei
Das untere Interview wurde von Cenneth Sparby geführt und wurde im „Aikido Today Magazine“, das von 1987 bis 2005 in den USA herausgegeben wurde, auf Englisch veröffentlicht.
Sensei, wann haben Sie angefangen, Budo zu trainieren?
Anfang 1940, im Alter von 15, habe ich angefangen Judo zu trainieren. Nach dem Krieg trainierte ich am Kodokan (Hauptquartier des Judo in Tokio). Nach einigen Trainingsjahren wurde mir der 4. Dan verliehen. Aber mir wurden die Grenzen der Judo-Techniken bewusst – vielleicht wegen des Wettkampfcharakters. Aus diesem Grunde lernte ich Karate. Mein Lehrer war Konishi Sensei und die Schule war Shizen Ryu. Doch nach einigen Jahren fühlte sich sogar Karate “klein” an. Ich strebte nach etwas viel Lebendigerem.
Zu diesem Zeitpunkt, Anfang der 50er, erzählte mir ein Karatelehrer, Sodeyama Sensei, von einer aufregenden Erfahrung. “Ich habe einen Mann getroffen, der wie ein Phantom ist,” sagte er. “Ich habe versucht, ihn mit Schlägen zu treffen, aber ich konnte ihn überhaupt nicht erwischen.” Ich war erstaunt zu hören, dass es einen Mann gab, den Sodeyama Sensei nicht schlagen konnte. Der Mann, dem Sodeyama Sensei begegnet war, war O-Sensei.
Sodeyama Sensei war sehr beeindruckt von O-Sensei und er drängte mich, das Hombu Dojo zu besuchen. Kurz darauf begann ich Aikido zu trainieren.
Anfangs war meine Idee, Aikido ein paar Jahre lang zu trainieren und dann das so Gelernte in meinem eigenen Karate- und Judo-Training zu nutzen. Ich änderte meine Absicht sehr schnell.
Wie hat sich Aikido in den Jahren Ihres Training verändert?
Aikido hat sich in viele verschiedene Stile und Fraktionen aufgeteilt. Ein Grund ist, dass jeder dieser unterschiedlichen Stile – Tomiki Aikido, Yoshinkan, Ki Society und so weiter – einen anderen Zeitabschnitt in der Entwicklung von O-Senseis Aikido repräsentiert.
Es ist sehr wichtig, dass wir alle versuchen, zusammenzuarbeiten, trotz der Unterschiede. Ich kann nicht verstehen, wie Leute, die Aikido praktizieren, sich streiten oder über den Stil zanken können. Da O-Senseis Techniken sich Jahr für Jahr verändert haben, gibt es verschiedene Generationen von Schülern, die unterschiedliche “Stufen” von O-Sensei in ihren eigenen Stilen praktizieren. Wir können keinen dieser Stile ablehnen; jeder hat seinen eigenen Wert.
O-Senseis Wunsch für alle seine Schüler war, dass wir Aikido weiterentwickeln würden. Er sagte oft, “Dieser alte Mann hat eine bestimmte Stufe erreicht. Ihr werdet noch weiter gehen, viel weiter, und noch mehr erschaffen.”
Gleichzeitig brauchen wir Menschen, die die Geschichte und Tradition von Aikido erhalten, wie Saito Sensei. Er hat immer O-Senseis alten Stil beibehalten, und das hat er sehr gut gemacht. Saito Sensei ist wie ein lebendes Geschichtsbuch. Wenn ich unsicher bin bezüglich irgendeiner alten Technik, kann ich immer Saito Sensei fragen.
Mein Weg ist das Gegenteil davon. Ich möchte, dass mein Aikido sich mit jedem Tag verändert und entwickelt. Die Veränderung hält meine Schüler und mich “frisch”, sowohl im Kopf als auch im Herzen.
Die Gesellschaft verändert sich ständig. Also warum sollte es mit Aikido anders sein.
Wie sehen Sie die Zukunft des europäischen und schwedischen Aikido?
Sie sollten unabhängiger sein und Ihren eigenen Weg des Aikido kreieren – einen Weg, der von Ihren eigenen Wurzeln und Traditionen beeinflusst ist. Kopieren Sie nicht einfach den “Japanischen Weg”. Wenn Sie unabhängig sind, können sie Ihre eigene spezifische Wesensart entwickeln, und das ist sehr, sehr wichtig.
Welchen Gedanken möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Wie ich bereits andeutete, ich denke, dass die Menschen sich sehr bewusst sein sollten, dass die Technik ein Instrument ist, um die eigene Ethik und Einstellung auszudrücken. Wenn wir eine bestimmte Technik üben, sollten wir analysieren, was wir ausdrücken wollen und was wir dem Uke geben möchten. Das Gefühl eines Aikido-Wurfes sollte eines des Freilassens sein, eines des Sich-mit-dem-Uke-Verbindens, um dabei etwas Gutes zu erschaffen. Unser Ziel sollte sein, Respekt für unsere Ukes zu zeigen, Ihnen zu helfen sich zu entwicklen und Ihnen viel Glück zu wünschen!
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