Das heutige Aikido ist gut organisiert, mit einer Hierarchie, mit Regeln für Kyu- und Danprüfungen, samt eines Systems von Grundtechniken, die auf eine ziemlich festgelegte Weise ausgeführt werden sollen. Aber diese schmucke Ordnung ist nicht Morihei Ueshibas Werk. Mit Politik und Organisatorischem wollte er sich nie befassen. Prüfungen führte er spontan durch, fast aufs Geratewohl – sogar für die höchsten Dangrade. Ebensowenig baute er ein System von Grundtechniken auf – es ging meistens so zu, dass er hier und da während der Trainingsstunden sagen konnte: „Das hier ist eine Grundtechnik im Aikido.“ Und sofort machten seine Schüler Notizen.
Mikael Eriksson, c. 1973. Foto: Stefan Stenudd.
Für Morihei Ueshiba war Budo etwas ganz anderes als die weltliche Ordnung. Die Geheimnisse des Budo – und er war lange sehr zurückhaltend mit ihnen – sollten nur von Lehrer zu Schüler mittels des praktischen Trainings im Dojo überführt werden. Anderes hatte keine Bedeutung. Von irgendeinem besonders pädagogischen System konnte auch nicht die Rede sein, da Aikido Ueshiba zufolge nichts anderes ist als der schöne Ausdruck für einen reinen Geist und göttliche Prinzipien. Die Techniken hatten für ihn keinen anderen Wert denn als Verbindungsglieder zu diesem höheren und inneren Wesen, warum also eine große Sache aus ihnen machen? Aikido soll absolut nicht bei einer Anzahl fester Würfe und Festhaltegriffe stehen bleiben – im Gegenteil, es muss Takemusu (武産) werden, eine grenzenlose Kampfkunst, die im Jetzt geboren wird. Improvisation.
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Takemusu besteht aus zwei Worten. Take ist genau das selbe wie bu in Budo, Kampfkunst, und Musu bedeutet ungefähr gebären, schaffen, so wie Geburt und Schwangerschaft. Man kann den ganzen Ausdruck gut mit kreative Kampfkunst übersetzen. Die Kreativität beinhaltet grenzenloses Anpassungsvermögen und Variation. Dafür reicht natürlich keine wie auch immer große Anzahl von Grundtechniken. Aikido soll im Augenblick geboren, aus ihm heraus improvisiert werden, so dass es sich nie um ein wiederholtes, vorhersehbares Muster handelt.
Die Grundtechniken sind vor allem Übungen darin, sein Zentrum zu finden und sein Ki(Qi) in Bewegung zu bringen. Wenn man Aikido eine Zeit trainiert hat, merkt man immer häufiger, wie neue Wege für die Techniken möglich werden Das verlockt zum Experiment. Man fühlt in sich selbst eine konstante Beweglichkeit und Bewegung, die in Tanden, im Zentrum des Körpers, gründet, und wenn man ihr Ausdruck verleiht, so entstehen auf ungezwungene Weise Aikidotechniken. Manchmal werden sie genau wie die Grundtechniken, und manchmal so anders, dass man keine Ahnung hat, wie man sie nennen soll.
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Leider tendiert die geordnete Form des Aikido für Training und Prüfung dazu, dieser Spontaneität und Improvisation entgegenzuwirken. Man sollte selbstverständlich die Gründe trainieren, so dass man sie beherrscht, und damit auch danach fortsetzen, so dass man sie immer mehr verfeinert. Aber man muss sich auch von ihrem Muster freimachen. Variation und voraussetzungslose Entdeckungsfahrten! Ein Weg, diese Kraft der Phantasie in seinem Aikido zu stimulieren ist, dass man mehrere Variationen der Grundtechniken ausprobiert. Erfahrene Aikidolehrer können etliche Variationen von jeder beliebigen Grundtechnik zeigen, aber es ist äußerst lästig zu versuchen, sie sich alle zu merken. Man probiert sie aus und dann vergisst man sie. Ein anderes Mal sollen sie natürlich wiedergeboren werden, als Improvisationen und plötzliche Einfälle, und auf die selbe Weise sollen während des Trainings weitere Varianten auftauchen.
Man muss vorsichtig sein damit, sein Aikido zu memorieren und zu planen, so etwas entwickelt sich schnell zu Bürden und Begrenzungen. Stattdessen muss man wagen, darauf zu vertrauen, dass tanden alles beinhaltet, man muss es vortreten lassen, wenn der richtige Moment da ist. Wenn man den Kopf von Gedanken leert und auf seine innere Kapazität vertraut, soll so vieles sich zeigen, dass man bald selbst seine größte Überraschungsquelle und sein bester Lehrer wird.
Einige Aikidolehrer sind so entzückt über die Variationen, die sie selbst schaffen oder von ihren früheren Lehrern mit sich tragen, dass sie sie genau systematisieren und memorieren – und sie mit demselben Ernst und derselben Sorgfalt lehren wie die Grundtechniken. Ich glaube nicht, dass das so viel mit takemusu zu tun hat. Was gewinnt ein Musiker dadurch, dass er seine Improvisationen notiert und dann genau einübt? Takemusu ist von seiner Natur wie ki: lass die Ideen so schnell dahinfahren wie sie gekommen sind, und es werden mehr. Es ist der Fluss, der wertvoll ist.
Brandbergen. Foto: Gunilla Welin.
Als Morihei Ueshiba von Takemusu Aiki sprach, wollte er darauf hinaus, dass der harmonische Weg des Aikido auf natürliche Weise eine unerschöpflich innovative Kampfkunst gebiert. Der gemeinsame Geist zwischen Uke und Nage in Aiki führt zu einem grenzenlosen Budo. Nur dadurch, dass man den einleitenden Schritt Irimi oder Nage macht, an der angreifenden Kraft des Partners vorbei und doch im Rhythmus mit ihm, öffnet sich sofort eine Lösung für den Verteidiger. Die Technik, die ihm einfällt, wird sowohl effektiv als auch weich. Das Prinzip des Aiki und der folgsamen Bewegung wird ein Tor, das eine Welt von Möglichkeiten eröffnet.
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