Eigentlich gibt es nur zwei Positionsveränderungen, zwei Schritte im Aikido: nach innen und nach außen, wie in der Atmung. Und wie in der Atmung sollen diese mit der Zeit zusammengleiten und zu Einem werden. Aber zuerst muss man den Unterschied zwischen ihnen verstehen.
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Der Schritt nach innen wird Irimi genannt und liegt in seiner Natur der Mentalität des Angreifers am nächsten. Man geht so gut wie direkt auf den Partner zu, direkt in seine Sphäre hinein. Wenn man angreifen soll, gibt es keine andere Möglichkeit, aber auch in der Verteidigung verfährt man so, um zuvorzukommen, um den Angriff zu kontern bevor er vollendet ist. Die Kühnheit zu diesem Schritt nach vorne, einem kraftvollen Angreifer entgegen, zu haben, das ist einer der innersten Kerne des Budo – so schwer einem dieser Schritt fallen kann, so viel hat man durch ihn zu gewinnen. Irimi ist der Schlüssel für die Einsicht des Budo, dass der Angriff die schlechteste Verteidigung ist, dass der welcher angreift, eben dadurch dem Verteidiger unterlegen ist. Das kanji für irimi besteht aus dem Zeichen für hineingehen oder durchdringen und dem Zeichen für Körper, man geht also mit dem Körper hinein.
Järfälla 1973. Foto: Stefan Stenudd.
Der Schritt nach außen wird Tenkan genannt und stimmt besser mit der Situation und der milden Strategie des Verteidigers überein. Das Schriftzeichen besteht aus dem kanji für wälzen oder umwenden sowie für ändern. Hier geht man vom Angreifer weg, um ihn herum und hinter ihn. Auf diese Weise entkommt man dem Angriff und hat mit einer kreisförmigen Bewegung seine Verteidigung, seinen Gegengriff eingeleitet. Der Angreifende gerät in die Peripherie der Sphäre des Verteidigers.
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Sagen wir, dass die zwei Kontrahenten durch ein Seil miteinander verbunden sind – der Angreifer am einen Ende und der Verteidiger am anderen. Die Länge des Seils, der Abstand zwischen den beiden, kann zweckmässigerweise dieselbe sein wie ein korrektes ma-ai, ungefähr anderthalb Meter. Der Schritt des Angriffs steuert direkt gegen den Angegriffenen, der sich seitlich nach vorne bewegt, fast zu der Position, von der aus der Angreifer begann. Das Seil wird erneut gespannt, die Kontrahenten haben den Platz gewechselt, aber die Dynamik der Bewegung ist derart, dass es nicht erneut zwei Sphären mit je einem Zentrum gibt. Statt dessen gerät der Angreifer in die Peripherie des Angegriffenen und kann so selbstverständlich herumgeleitet werden, so wie die Planeten um die Sonne kreisen. Das beruht vor allem darauf, dass der Verteidiger zusieht, dass die Bewegung nicht nach dem Angriffsschritt aufhört, sondern sich in einem Bogen fortsetzt. Das erinnert an ein störrisches Pferd in der Manege – es wird mit dem Zaumzeug gezwungen, in der Peripherie des Kreises des Dresseurs zu verbleiben, anstatt in seiner eigenen Sphäre verharren zu können.
Ja, es ist wunderlich, dass das funktionieren kann. Man muss es in der Praxis ausprobieren, um diese findige Dynamik zu entdecken. Aber so ist es – der Anfallende verliert seine Kontrolle, gerade weil er der Anfallende ist und weil der Angefallene mit seinem ausweichenden Schritt reagiert.
Es ist leicht einzusehen, dass tenkan am stärksten mit den Prinzipien des Aikido übereinstimmt, doch auch irimi wird angewendet. Aber es ist nie der Fall, dass der Schritt sich direkt gegen die Richtung der angreifenden Kraft bewegt, was nur in einem Zusammenstoß resultieren würde. Das irimi des Aikido geht schräg hinein, in einer ausweichenden Bewegung, genau wie tenkan schräg hinausgeht. Der Angriff des Partners geht vorbei, während der Verteidiger sich mit irimi vor den Körper des Partners und nahe an diesen heran stellt. Mit tenkan stellt sich der Verteidiger statt dessen daneben und so gut wie hinter den Angreifer.
An sich ist fast jede Verteidigungstechnik eine Kombination aus den zwei Schritten: zuerst ein Schritt zur Seite und auf den Partner zu, dann ein Schritt herum und weg von ihm. Mit dem ersten Schritt entgeht man dem Angriff, mit dem zweiten leitet man den Konter ein, die Aikido-Technik selbst. Die zwei Schritte gleiten mit der Zeit zusammen zu einer einheitlichen Bewegung, fast einem einzigen Schritt.
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