Henrik, Aikido Trainer im Tanden Dojo und jetzt 2. Dan Aikido Aikikai, berichtet über seine Dan-Prüfung
Ende April 2016 war es also wieder soweit: unser Dojo hatte Stefan Stenudd Shihan zu seinem traditionellen Aikido-Frühlingsseminar in Berlin eingeladen. Bereits zum 35. Mal seit 25 Jahren. Doch dieses Mal sollte es etwas Neues geben – die Möglichkeit, in Berlin unter Leitung von Stefan eine Dan-Prüfung abzulegen. Fünf Anwärter fanden sich. Drei davon wollten die Prüfung zum Nidan (2. Dan), zwei die Prüfung zum Sandan (3. Dan) absolvieren. Für mich war es an der Zeit, die Prüfung zum Nidan anzugehen. Also stürzten wir uns in die Vorbereitung. Während die Aufregung langsam größer wurde, kam der entscheidende Tag unaufhaltsam näher.
Und dann, ausgerechnet am Abend davor, krieg ich es doch tatsächlich hin, irgendwie komisch aufzutreten und mir den Fuß zu verknacksen. Na toll! Einen Tag vor der Prüfung! Am nächsten Morgen blickte ich kopfschüttelnd auf einen geschwollenen und dezent blau gefärbten Fuß. Laufen ging aber einigermaßen, also zwängte ich mich in die Schuhe und fuhr los.
Um 10 Uhr begann die erste Trainingseinheit: Iaido (Training mit dem japanischen Schwert) stand auf dem Programm. Das Üben mit dem Schwert hilft mir eigentlich immer, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, alles Überflüssige abzuschütteln und mich auf Zentrum, Achse und Präsenz zu fokussieren. Ein gelegentlicher Blick zur Uhr ließ sich trotzdem nicht vermeiden, sollte die Prüfung doch sofort nach dem Vormittagstraining, noch vor der Mittagspause, stattfinden. Mein Fuß hatte mittlerweile noch ein paar Blaustufen zugelegt. Aber irgendwie musste es ja gehen …
Nach dem Iaido folgte die erste Aikidoeinheit. Stefan versteht es auf seinen Lehrgängen sehr gut, eine entspannte und doch intensive Atmosphäre zu schaffen. Die Zeit verflog …
Und dann war der Moment der Wahrheit plötzlich da. Die vier Mitglieder der Prüfungskommission betraten die Matte: Stefan Stenudd Shihan, Konstantin Rekk Sensei (bei dem ich seit vielen Jahren trainiere) und zwei weitere Lehrer, die früher ebenfalls im Tanden Dojo Berlin trainiert haben und heute in ihren eigenen Dojos in Berlin unterrichten, Clemens Ziesenitz und Bernd Stankoweit.
Als erste wurden wir, die Nidan-Anwärter, nach vorne gebeten. Nach einer formalen Begrüßung und einer kurzen Erwärmung (Ukemi – Rollen und Fallen, Shikko – Gehen in der knienden Position), sowie Gyakuhanmi Katatedori Tai No Tenkan galt es, einige Suwariwaza-Techniken (Techniken, wobei Angreifer und Verteidiger im Seiza sitzen) zu zeigen. Mein Fuß schmerzte, aber es gab kein Zurück mehr. Ich versuchte ruhig zu bleiben und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren – Zentrum, Atmung, Ausweichbewegungen und den Kontakt zum Partner – und darauf zu vertrauen, dass die Jahre des ausdauernden Trainings ihre positiven Spuren hinterlassen hatten. Darauf folgten Hanmihandachi-Techniken (Angreifer steht, Verteidiger sitzt im Seiza) und danach Tachiwaza (Angreifer und Verteidiger stehen) und Tantodori (Messerabwehr). Dann zeigten wir Suwariwaza Kokyuho (Atemkraft-Übung) , traditionell der Abschluss einer jeden Aikido-Prüfung. Und damit hatten wir es geschafft.
Als nächstes kamen die Sandan-Anwärter an die Reihe. Unter anderem hatten sie ein Randori mit 3 Ukes (Angreifern) zu absolvieren. Beim Randori geht es darum, gelernte Techniken im Fluss unterschiedlicher Angriffe und ohne viel Zeit zum Nachdenken anzuwenden. Dabei konnten die Prüflinge in einigen spannenden und sehr dynamischen Episoden erfolgreich ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Endlich zog sich die Prüfungskommission zur Beratung zurück. Wir mussten zum Glück nicht lange auf die Ergebnisse warten: Alle hatten die Prüfung bestanden. Ich konnte es erstmal gar nicht richtig fassen. Erleichtert und glücklich humpelte ich als frisch gebackener Nidan in die Mittagspause …
Henrik